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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 17.02.2005
Aktenzeichen: 6 K 1802/01
Rechtsgebiete: UStG
Vorschriften:
UStG § 14 Abs. 2 Satz 2 | |
UStG § 17 Abs. 1 |
Tatbestand
Strittig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt - FA - ) die der Klägerin im Jahr 1994 und 1995 gewährten Vorsteuern aus dem Erwerb des Grundstücks "A Str." in B nach einer am 5.9.1996 erfolgten Rechnungsberichtigung zu Recht in 1996 zurückgefordert hat.
Die Klägerin ist eine Kapitalanlagegesellschaft, die offene Immobilienfonds betreibt und dazu Grundstücke an- und verkauft. Mit notariellem Kaufvertrag vom 14.09.1994 (Bl. 5 ff Sonderband) erwarb sie von der niederländischen Firma C das ins Grundbuch von B eingetragene Grundstück in der A Str. In § 2 des Vertrages vereinbarten die Parteien, dass der Kaufpreis 32.395.000,-- DM beträgt, zuzüglich 15% Umsatzsteuer (auf den um 50% der Grunderwerbsteuer erhöhten Kaufpreis) in Höhe von 4.907.842,50 DM, insgesamt also 37.302.842,50 DM. Nach mehreren Entgeltsänderungen erhöhte sich der Nettokaufpreis auf 32.431.320,-- DM und die Umsatzsteuer auf 4.913.344,98 DM. Auf den Gesamtkaufpreis von 37.344.664,98 DM zahlte die Klägerin 34.999.842,50 DM am 3.11.1994 und 1.475.031,37 DM am 16.03.1995, den Restbetrag von 869.791,11 DM behielt sie aufgrund einer Vertragsergänzung vom 2.11.1994 (Bl. 15b ff Sonderband) wegen fehlender Mieten und Kautionen sowie als Kaufpreisreduzierung ein (Bl. 36 Sonderband). Im Hinblick darauf, dass das Grundstück nach § 6 des Kaufvertrages der einzige Vermögensgegenstand der Verkäuferin war, ließ sich die Klägerin von der D AG (Muttergesellschaft der Verkäuferin) durch die Garantieerklärung vom 14.09.1994 von allen Risiken freistellen, die sich aus dem Abschluss des Grundstückskaufvertrages nach § 419 BGB für sie ergeben (Bl. 14a/14b Sonderband).
Da die Klägerin das Grundstück zu 98,50% für die Ausführung steuerpflichtiger Umsätze verwendete, machte sie in der Umsatzsteuererklärung für 1994 Vorsteuern in Höhe von 4.839.644,81 DM geltend, die das FA in Höhe von 4.836.680,63 DM anerkannte (Bl. 93 Gerichtsakte). Die Firma C erklärte die Umsatzsteuer aus der Grundstücksveräußerung zwar in der Voranmeldung für November 1994, zahlte den Betrag aber nicht.
Als das FA in der Veräußerung des Grundstücks eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen erkannte, kündigte es der Klägerin am 12.08.1996 eine Haftungsinanspruchnahme nach § 75 AO an (Bl. 1 Sonderband, Bl. 228 Gerichtsakte). Außerdem wies es am selben Tage die steuerlichen Berater der Verkäuferin darauf hin, dass eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliege und daher die von ihr abgegebene Umsatzsteuer-Voranmeldung November 1994 unrichtig sei. Der ausgewiesene Steuerbetrag werde nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG geschuldet, § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG gebe jedoch die Möglichkeit der Rechnungsberichtigung. Die Berichtigung müsse schriftlich gegenüber dem Rechnungsempfänger erklärt werden. Es werde um Mitteilung gebeten, ob die Gesellschaft eine geänderte Rechnung erstelle (Bl. 1 und 16 Sonderband).
Die Geschäftsanteile der Firma C waren am 31.12.1994 an die Firma E1 mit Sitz veräußert und der Firmenname daraufhin am 6.3.1995 in E geändert worden (Bl. 33 Sonderband). Die "E " teilte dem FA im Schreiben vom 5.9.1996 mit, dass sie der Klägerin - wie aus der Anlage ersichtlich - geschrieben habe und darum bitte, die Umsatzsteuer-Voranmeldung 11/1994 entsprechend zu korrigieren. (Bl. 17 Sonderband). In dem beigefügten - an die Klägerin gerichteten - Schreiben berichtigt die E im Hinblick auf das in Kopie beigefügte Schreiben des Finanzamtes ihre Rechnung in § 2 des Kaufvertrages dahingehend, dass der Kaufpreis DM 32.395.000,00 beträgt und keine Umsatzsteuer geschuldet wird. Die Klägerin wies durch ihr Schreiben vom 14.11.1996 (Bl. 35 Sonderband) die Rechnungsberichtigung zurück und die Firma E darauf hin, dass die Rechnungsberichtigung erst und nur dann anerkannt werde, wenn ihr der gezahlte Umsatzsteuerbetrag von 4.913.344,98 DM erstattet worden sei. Die hierfür gesetzte Frist ließ die E verstreichen und die Mahnungen der Klägerin vom 16.12.1996 und vom 24.12.1998 unbeantwortet (Bl. 39 Sonderband).
Nachdem das FA die Klägerin erfolglos zur Berichtigung der in Anspruch genommenen Vorsteuern aufgefordert hatte, erließ es am 23.07.1997 einen geänderten Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für September 1996 (Bl. 48 Sonderband) und am 26.01.1998 einen (erstmaligen) Umsatzsteuer-Jahresbescheid 1996. Die Klägerin legte gegen beide Bescheide Einspruch ein und trug mit Schreiben vom 23.12.1999 (Bl. 67ff, 81 Sonderband) u.a. vor, der ihr gegenüber aufgetretene Vertreter der E habe in einem kürzlich geführten Gespräch erläutert, dass die Gesellschaft die Umsatzsteuer nur deshalb berichtigt habe, weil mangels ausreichender Liquidität die Umsatzsteuerschuld nicht habe erfüllt werden können. Das FA sah den Einspruch gegen den geänderten Vorauszahlungsbescheid aufgrund des Jahresbescheides 1996 als erledigt an und gab dem Einspruch gegen den Jahresbescheid durch Einspruchsentscheidung vom 22.03.2001 nur insoweit statt, als es die Vorsteuerberichtigung von zunächst 100% auf 98,5% des ausgewiesenen Steuerbetrages begrenzte. Im Übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück und führte dazu im Wesentlichen aus:
a) Nach dem BMF-Schreiben vom 15.02.1994 (BStBl I 1994 S. 193) sei für eine Berichtigungserklärung nicht erforderlich, dass der ursprüngliche Kaufvertrag aufgehoben und ein neuer Vertrag ohne Steuerausweis geschlossen werde. Es reiche vielmehr aus, dass - wie im Streitfall - der Verkäufer eine Korrekturmitteilung für den Erwerber fertige, die eindeutig zum Ausdruck bringe, dass der bisherige Steuerausweis in vollem Umfang widerrufen werde.
b) Für die Klägerin sei eine eindeutige Zuordnung und Überprüfung der Rechnungsberichtigung möglich gewesen, weil Name und Anschrift des leistenden Unternehmers sowie des Leistungsempfängers aus dem Berichtigungsschreiben hervorgingen. Im Betreff des Berichtigungsschreibens seien auch die veräußerte Liegenschaft und der Immobilienfonds genau bezeichnet. Schließlich ergebe sich die Zuordnung auch aus der Größenordnung des veräußerten Objekts sowie der Bezugnahme auf § 2 des notariellen Kaufvertrages.
c) Zur wirksamen Rechnungsberichtigung bedürfe es nicht der Unterschrift eines ordnungsgemäß bestellten Geschäftsführers oder anderen Bevollmächtigten, da auch eine Rechnung nicht vom Aussteller unterschrieben sein müsse. Ebenso wenig seien umsatzsteuerrechtlich Angaben über Sitz, Registergericht und Handelsregisternummer erforderlich.
d) Es könne dahin stehen, ob die E als leistende Unternehmerin das von der Klägerin in ihrer Einspruchsbegründung behauptete zivilrechtliche Gestaltungsrecht habe oder nicht. Selbst wenn die E gegenüber der Klägerin vertraglich verpflichtet gewesen sei, den Umsatz als steuerpflichtig zu behandeln und sich zunächst dementsprechend verhalten habe, sei die Korrektur und damit der Wegfall des gesonderten Umsatzsteuerausweises nicht von der Zustimmung des Leistungsempfängers abhängig (BFH-Urteil vom 11.08.1994BFH/NV 1995, 170). Die schuldrechtliche Vereinbarung über die Behandlung eines Umsatzes als steuerpflichtig binde nur die Vertragsparteien, wirke sich aber nicht im Steuerschuldverhältnis aus.
e) Die Wirksamkeit der Rechnungsberichtigung hänge auch nicht von der Rückzahlung der bereits an den leistenden Unternehmer gezahlten Umsatzsteuer ab. Eine wirksame Berichtigung des Steuerbetrages im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG liege bereits vor, wenn eine vom Unternehmer erstellte schriftliche Berichtigung des Steuerbetrages dem Leistungsempfänger zugehe (BFH-Urteile vom 25.02.1993 V 78/88, BStBl II 1993, 777f und vom 08.09.1994 V R 70/91, BStBl 1995 II, 33).
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzinteresse weiter. Sie ist weiterhin der Ansicht, die Vorsteuerberichtigung sei zu Unrecht erfolgt.
a) Dabei geht sie davon aus, dass der Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG eröffnet sei, weil das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht zur Versagung des Vorsteuerabzuges im Jahr der Anschaffung führe. Nach der im Zeitpunkt des Grundstückskaufs geltenden Rechtsprechung des BFH genüge für den materiellen Anspruch auf den Vorsteuerabzug, dass eine formell ordnungsgemäße Rechnung vorgelegen habe und der Veräußerer die Umsatzsteuer aufgrund § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG schulde. Soweit sich aus dem BFH-Urteil vom 02.04.1998 (BStBl II 1998, 696) etwas anderes ergebe, sei diese Rechtsprechung aus Vertrauensschutzgründen nicht anwendbar (Schreiben des Hessischen FinMin. vom 23.12.1998 S 7300 A - 75 - II A 42).
b) Das unter dem Briefkopf der E an sie gesandte Schreiben stelle keine wirksame Berichtigung des Steuerbetrages dar. Eine Berichtigung müsse in gleicher Weise erfolgen wie der vorangegangene Rechnungsausweis, hier also durch Änderung des Notarvertrages, zumindest aber in einer Form, die ihr ein zumutbares Maß an Sicherheit über die Wirksamkeit der Erklärung gebe. Daran fehle es, weil nicht zweifelsfrei festgestellt sei, dass das Berichtigungsschreiben der Leistungserbringerin materiell zurechenbar sei. Hierzu führt die Klägerin im Einzelnen aus:
aa) Der BFH habe im Urteil vom 1.2.2001 (BFHE 194, 493) die Frage, in welcher Form eine durch Notarvertrag erfolgte Rechnungsstellung berichtigt werden könne, zwar ausdrücklich offen gelassen. Die Bedürfnisse des Geschäftsverkehrs (Rechtssicherheit und Klarheit) sprächen aber dafür, dass die Berichtigung in gleicher Form erfolgen müsse wie der vorangegangene Rechnungsausweis, im Streitfall also durch einvernehmliche Änderung des Notarvertrages. Auch aus rechtssystematischen Überlegungen ergebe sich, dass ein in einem Notarvertrag erfolgter Rechnungsausweis nicht durch eine der Vertragsparteien einseitig berichtigt werden könne. Ein derartiges Berichtigungsrecht käme einem Gestaltungsrecht gleich und es sei sehr zweifelhaft, ob der Gesetzgeber dem leistenden Unternehmer durch § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG ein einseitiges Machtmittel gegenüber dem Leistungsempfänger habe geben wollen.
bb) Um den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs gerecht zu werden, müsse zumindest verlangt werden, dass die Berichtigungserklärung in einer Form und Weise erfolge, die dem Empfänger ein zumutbares Maß an Sicherheit über die Wirksamkeit der Erklärung verschaffe. Dies sei nur dann der Fall, wenn der Erklärungsempfänger aus der Berichtigungserklärung unbedingte Klarheit darüber erhalte, wer die Erklärung abgegeben habe, ob diese Person mit dem Leistungserbringer identisch sei und ob der Erklärende Vertretungsmacht für diese Person habe. Diese Anforderungen seien nicht erfüllt, weil das Schreiben vom 5.9.1996 von einem der Klägerin nicht näher bekannten und weder durch Angabe einer Handelsregisternummer noch einer Telefonnummer oder einer Bankverbindung identifizierten Unternehmen stamme, das sich im Briefkopf ohne weitere Erläuterung als Rechtsnachfolger des leistenden Unternehmers bezeichne und auch bei sorgfältiger Nachprüfung und Rückfragen an die Absenderadresse im Briefkopf nicht nachvollziehbar sei, wer überhaupt das Schreiben unterzeichnet und abgesendet habe. Das Schreiben sei jedenfalls mangels Vertretungsberechtigung des Unterzeichners der Firma E nicht zurechenbar. Für eine Rechnungsberichtigung sei die Vertretungsmacht des Erklärenden erforderlich, da Rechnungsberichtigungen rechtserhebliche Handlungen im Geschäftsverkehr darstellten. Der möglicherweise als "L" zu lesende Unterschriftszug stamme jedenfalls nicht von einem unterschriftsberechtigten Geschäftsführer und entspreche - ausweislich des Handelsregisterauszuges vom 25.5.1999 (Bl. 133 ff Gerichtsakte) - auch nicht dem im Handelsregister der Gesellschaft hinterlegten Schriftzug eines Vertretungsberechtigten der E1. Die Feststellungslast hinsichtlich der Vertretungsmacht liege beim FA, das sich auf die ihm günstige Rechtsfolge des Berichtigungsschreibens berufe. Das FA habe jedoch zur Frage, wer das Schreiben verfasst hat und ob diese Person die E wirksam vertreten konnte, weder Ermittlungen angestellt noch Feststellungen getroffen.
c) Selbst wenn eine wirksame Rechnungsberichtigung vorläge, fehle es an deren zivilrechtlichem und tatsächlichem Vollzug, welcher entsprechend § 17 Abs. 1 UStG erst die Pflicht zur Vorsteuerberichtigung begründe. Eine wirksame Rechnungsberichtigung führe zwar zur sinngemäßen Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG, dieser setze jedoch einen zivilrechtlichen und tatsächlichen Vollzug der Entgeltsänderung voraus. Daher habe der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug nicht schon dann berichtigen, wenn ihm eine berichtigte Rechnung zugeleitet werde. Dem Grundgedanken des § 17 Abs. 1 UStG folgend müsse eine Minderung der Gegenleistung auch tatsächlich eingetreten sein, d.h. der Leistende den Umsatzsteuer-Minderungsbetrag an den Leistungsempfänger zurückgezahlt haben. Auch das FG Baden-Württemberg habe im Urteil vom 30.11.2000 (EFG 2001, 598) in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass über die Rechnungsberichtigung hinaus in einem zweiten Schritt ein tatsächlicher Vollzug dieser Rechnungsberichtigung erforderlich sei.
d) Schließlich widerspreche die Geltendmachung der Vorsteuerberichtigung den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben, weil das FA die von ihm geltend gemachten Voraussetzungen der Vorsteuerberichtigung durch Verleitung der Verkäuferin zum Vertragsbruch selbst herbeigeführt habe. Die Verkäuferin sei ihr - der Klägerin - gegenüber zivilrechtlich verpflichtet gewesen, den Grundstücksverkauf als umsatzsteuerpflichtig zu behandeln und die Umsatzsteueroption sowie die erteilte Rechnung aufrecht zu erhalten. Mit der Rechnungsberichtigung habe die Verkäuferin einen durch das Schreiben des FA veranlassten Vertragsbruch begangen. Eine Hinweispflicht des FA aufgrund der Fürsorgepflicht gegenüber der Verkäuferin habe nicht bestanden.
e) Letztlich könne die Vorsteuer nur in dem Umfang berichtigt werden, in dem sie seinerzeit in Anspruch genommen worden sei. Mit dem als Anlage zur Einspruchsentscheidung ergangenen Umsatzsteuer-Änderungsbescheid vom 22.3.2001 sei ein höherer Betrag an Vorsteuern berichtigt worden als tatsächlich in Anspruch genommen wurde (Bl. 112 Gerichtsakte). Nachdem das FA die Vorsteuerberichtigung um 2.965,-- DM gekürzt und dem Klagebegehren insoweit durch den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 1996 vom 12.12.2001 teilweise abgeholfen hat, beantragt die Klägerin,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 22.03.2001 den
Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 1996 vom 12.12.2001 dahingehend
zu ändern, dass die Umsatzsteuer 1996 auf 5.837.331,-- DM (2.984.579,90 EUR) herabgesetzt wird.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung vom 22.03.1998 und trägt ergänzend vor:
a) Der Umsatzsteuerbescheid 1996 sei am 26.01.1998 entsprechend der damals gültigen Rechtslage erlassen worden. Der Vorsteuerabzug im Besteuerungszeitraum 1994 sei nicht beanstandet worden, weil nach § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO eine Änderung der Rechtsprechung, die sich zu Ungunsten des Steuerpflichtigen auswirke, für vor der Änderung der Rechtsprechung abgeschlossene Sachverhalte nicht angewendet werden könne.
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin entspreche die Rechnungskorrektur den Bedürfnissen des Geschäftsverkehrs. Durch die Korrekturmitteilung habe die E eindeutig zum Ausdruck gebracht, nicht mehr mit Umsatzsteuerausweis abrechnen zu wollen. Unerheblich sei, dass das Berichtigungsschreiben von einer von der Klägerin nicht identifizierbaren Person unterzeichnet wurde. Zur wirksamen Rechnungsberichtigung bedürfe es nicht der Unterschrift eines ordnungsgemäß bestellten Geschäftsführers oder eines sonstigen im Handelsregister eingetragenen Bevollmächtigten, da das Umsatzsteuergesetz schon eine unterschriebene Rechnung des Ausstellers nicht verlange (BFH-Urteil vom 13.09.1984,BStBl II 1985, 20/21). Es komme daher nicht darauf an, dass der Unterzeichner der Rechnungsberichtigung über eine ordentliche bürgerlich-rechtliche Vertretungsmacht, die im Handelsregister eingetragen sei, verfügt habe. Zudem bestehe keine Verpflichtung des FA, die Identität des Verfassers und dessen Vertretungsmacht näher festzustellen. Auch wenn es für die Klägerin nicht feststellbar sei, wer die Korrekturabrechnung der E unterschrieben habe, verliere diese nicht die Wirkung der Rechnungsberichtigung. Die Klägerin trage die Feststellungslast dafür, dass jemand Anderes die Korrekturmitteilung ohne Kenntnis und Billigung der E gefertigt und der Klägerin zugesandt habe. Dies gelte umso mehr, als die E im Ausland ansässig sei (§ 90 Abs. 2 AO) und ein direkter Zugriff der deutschen Finanzbehörden dort nicht möglich sei. Hinzu komme, dass niemand außer der E (bzw. deren Gesellschafter) ein Interesse an der Rechnungskorrektur gehabt habe. Das Handeln eines fremden Dritten sei daher auszuschließen. Die E sei im Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung eine im holländischen Register eingetragene juristische Person und damit rechtlich existent gewesen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass sie nur noch unter einer Domiziladresse erreichbar gewesen sei und nach Veräußerung des Grundstücks keine nach außen gerichtete Geschäftstätigkeit mehr entfaltet habe.
c) Die zivilrechtliche Befugnis der E zur Rechnungskorrektur sei umsatzsteuerrechtlich irrelevant. Ob der gesonderte Umsatzsteuerausweis ursprünglich innerhalb eines notariellen Vertrages vereinbart wurde oder außerhalb, führe nicht zu einer anderen Beurteilung, da auch ein nicht notariell beurkundeter Kaufvertrag zwischen zwei Vertragsparteien ohne Zustimmung der anderen nicht einseitig geändert werden dürfe.
d) Die tatsächliche Rückgewähr der Umsatzsteuer sei nicht Voraussetzung für die Vorsteuerberichtigung. Das von der Klägerin zitierte Urteil des FG Baden-Württemberg vom 30.11.2000 (EFG 2001,598) stehe nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH, der für eine wirksame Rechnungsberichtigung nicht auf die zivilrechtliche Ebene abstelle. Außerdem weiche der vom Finanzgericht entschiedene Fall von dem Streitfall ab, weil der Steuerausweis durch die E zweifelsfrei unberechtigt gewesen sei und der Rechnungsbetrag von ihr - im Gegensatz zum dort entschiedenen Fall - um den in der ersten Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag gemindert worden und der Klägerin ein Rückforderungsbetrag zugestanden worden sei.
e) Schließlich sei die Geltendmachung der Vorsteuerberichtigung auch kein Verstoß gegen Treu und Glauben. Das FA habe die E nicht aufgefordert, den fehlerhaften Umsatzsteuerausweis zu berichtigen und diese schon gar nicht zum Vertragsbruch "verleitet". Es habe lediglich in seinem Schreiben vom 12.08.1996 darauf hingewiesen, dass es sich bei der Veräußerung des Grundstücks um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen handele und daher die Möglichkeit der Rechnungskorrektur bestehe. Die Klägerin habe den ihr entstandenen Schaden selbst zu verantworten, da es ihr zumutbar gewesen sei, sich über die umsatzsteuerliche Neuregelung der Geschäftsveräußerung im Ganzen seit dem 1.1.1994 zu informieren. Im Übrigen habe die Klägerin damit rechnen können, dass das Geschäft als Geschäftsveräußerung im Ganzen qualifiziert werde. Denn in § 6 des notariellen Vertrages hätten die Vertragsparteien sogar festgestellt, dass es sich bei dem Grundstück um den einzigen Vermögensgegenstand der Verkäuferin gehandelt habe.
Durch § 4 Abs. 6 der Verordnung über die Zuständigkeiten der hessischen Finanzämter vom 11.12.2003 (GVBl 2003 S. 335 ff) ist für die Besteuerung von Kapitalanlagegesellschaften seit dem 1.1.2004 statt des beklagten Finanzamtes...das Finanzamt...und durch § 4 Abs. 7 der Verordnung über die Zuständigkeiten der hessischen Finanzämter von 14.4.2004 (GVBl 2004, S. 180 ff) seit dem 1.1.2005 das Finanzamt...zuständig geworden.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
I. Die ursprünglich gegen das FA...erhobene Klage richtet sich nach einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel nunmehr gegen das beklagte FA. Wird nach Erhebung der Klage statt der beklagten eine andere Finanzbehörde für den Steuerfall zuständig, so bleibt die prozessuale Stellung der beklagten Behörde hiervon grundsätzlich unberührt (BFH-Urteile vom 17.04 1969 V R 5/66, BStBl II 1969, 593; vom 18.03 1971 V R 101/67, BStBl II 1971, 518; Stöcker in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 63 FGO Rz. 25, m.w.N.). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt u.a. dann, wenn der Zuständigkeitswechsel auf einem Organisationsakt der Verwaltung beruht (BFH-Urteile vom 15. 12. 1971 I R 5/69, BStBl II 1972, 438; vom 10.11. 1977 V R 67/75, BStBl II 1978, 310; vom 7. 11. 1978 VIII R 183/75, BStBl II 1979, 169): In diesen Ausnahmefällen tritt das neu zuständig gewordene FA auf der Beklagtenseite in den anhängigen Rechtsstreit ein (gesetzlicher Beteiligtenwechsel). Im Streitfall kam es zu einem zweifachen Beklagtenwechsel: Durch § 4 Abs. 6 der Zuständigkeitsverordnung vom 11.12.2003 wurde zunächst das FA...und sodann durch § 4 Abs. 7 der Zuständigkeitsverordnung vom 14.4.2004 das FA...zuständig.
II. Der Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 1996 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren subjektiven Rechten. Das FA hat den der Klägerin in 1994 und 1995 gewährten Vorsteuerabzug zu Recht im Streitjahr 1996 rückgängig gemacht.
1. Entgegen der klägerischen Ansicht ist die Geltendmachung der Vorsteuerberichtigung nicht wegen Verstoßes gegen die allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben rechtsmissbräuchlich. Der Grundsatz von Treu und Glauben ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, der auch für das Steuerrecht gilt und die Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des anderen Beteiligten im Steuerschuldverhältnis verlangt (Kruse/Drüen in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO/FGO, § 4 Rz 125 ff m.w.N.). Er wirkt im Allgemeinen rechtsbegrenzend und kann daher die Finanzbehörde an der Geltendmachung und Durchsetzung gesetzlich entstandener Ansprüche hindern (vgl. BFH-Urteil vom 08.09.1993 I R 30/93, BStBl II 1994, 81). Welche Anforderungen der Grundsatz von Treu und Glauben an die Beteiligten eines Steuerschuldverhältnisses stellt, ist zwar jeweils anhand der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Im Allgemeinen wird aber die Ausübung eines Rechts oder die Geltendmachung eines Anspruchs als rechtsmissbräuchlich zu beurteilen sein, wenn der Berechtigte diese durch ein gesetz-, sitten- oder vertragswidriges, d.h. unredliches Verhalten erworben hat (BFH-Urteil vom 08.09.1993 a.a.O. S. 82 m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze scheidet ein gesetzwidriges Verhalten jedenfalls dann aus, wenn sich eine Behörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Kompetenzen hält. So liegen die Verhältnisse im Streitfall: Mit dem Schreiben vom 12.8.1996 hat das FA die Bevollmächtigten der Firma C auf die Nichtsteuerbarkeit der Grundstücksveräußerung hingewiesen und angefragt, ob eine Rechnungsberichtigung erfolge. Hierzu war das FA aufgrund der nach § 89 AO bestehenden Fürsorge- und Betreuungspflichten befugt. Danach soll die Finanzbehörde die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Im Hinblick darauf, dass das veräußerte Grundstück nach § 6 des notariellen Kaufertrages der einzige Vermögensgegenstand der Verkäuferin war, lag es nahe, dass der Grundstücksverkauf unter Ausweis von Umsatzsteuer nur aus Unkenntnis oder versehentlich erfolgte. Das FA handelte daher im Rahmen seiner durch § 89 AO gedeckten Befugnisse, wenn es die Verkäuferin auf den zu Unrecht erfolgten Umsatzsteuerausweis aufmerksam machte. Dies gilt umso mehr, als es Aufgabe der Finanzbehörden ist, die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen (§ 85 AO) und sie dabei alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen haben (§ 88 Abs. 2 AO).
Der Senat ist auch nicht der Ansicht, dass das FA die Verkäuferin durch das Schreiben vom 12.08.1996 in sittenwidriger Weise zum Vertragsbruch verleitet hat. Abgesehen davon, dass ein nach den Vorschriften der Abgabenordnung zulässiges Verhalten des FA nicht sittenwidrig sein kann, lässt sich der Diktion des Schreibens nicht entnehmen, dass die Verkäuferin aufgefordert oder gar bedrängt worden wäre, die Rechnung zu berichtigen. Das Schreiben ist vielmehr so neutral gehalten, dass Verkäuferin die Wahl zwischen der Aufrechterhaltung und der Berichtigung der Rechnung blieb.
2. § 17 Abs. 1 UStG ist im Streitfall über § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG anwendbar. Die in der Verfügung vom 4.1.2005 (Bl. 236 ff Gerichtsakte) nach vorläufiger Meinungsbildung geäußerten Zweifel an der - entsprechenden - Anwendbarkeit des § 17 UStG hält der Senat nach eingehender Beratung nicht aufrecht.
Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen, so schuldet er auch den Mehrbetrag (§ 14 Abs. 2 Satz 1 UStG). Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, so ist § 17 Abs. 1 UStG entsprechend anzuwenden.
a) Dadurch, dass die Firma C (Verkäuferin) das in ihrem Eigentum stehende Grundstück vermietete, war sie als Unternehmerin tätig. In der notariellen Urkunde vom 5. September 1994 stellte sie für den Verkauf ihres einzigen Grundstücks Umsatzsteuer gesondert in Rechnung (§§ 2, 6 Kaufvertrag). Da die Klägerin mit dem Grundstückserwerb in die bestehenden Mietverträge der Verkäuferin eintrat (§ 5 Nr. 2 des notariellen Kaufvertrages), erwarb sie das Vermietungsunternehmen der Firma C, sodass die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1 a UStG vorlagen.
b) § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG sieht zwar vor, dass der Unternehmer, der in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren als den nach dem Gesetz geschuldeten Steuerbetrag ausweist, diesen höheren Steuerbetrag auch schuldet. Diese Voraussetzung liegt nach ständiger Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, jedoch auch dann vor, wenn Umsatzsteuer für eine nicht steuerbare oder eine steuerfreie Leistung in Rechnung gestellt wird (BFH-Urteil vom 19.09.1996 V R 41/94, BStBl II 1999, 249).
c) Die bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG eröffnete Korrekturmöglichkeit nach § 17 Abs. 1 UStG tritt im Streitfall jedoch in Konkurrenz zu einer Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 1994: Nach dem BFH-Urteil vom 2.4.1998 V R 34/97 (BStBl II 1998, 695) ist - in richtlinienkonformer Auslegung des § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG - als Vorsteuer abziehbar nur der für einen Umsatz von Gesetzes wegen geschuldete Steuerbetrag. Da im Streitfall Umsatzsteuer für eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung in Rechnung gestellt wurde, entspricht die Steuerfestsetzung 1994 nicht der materiellen Rechtslage. Soweit eine Änderung der Steuerfestsetzung 1994 erfolgte bzw. noch erfolgen könnte, wäre daher eine Rückgängigmachung des Vorsteuerabzuges nach § 17 UStG nicht erforderlich. Für eine Berichtigung des Besteuerungszeitraums des Zugangs der geänderten Rechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 UStG ist dagegen noch insoweit Raum, als eine Berichtigung des ursprünglichen Besteuerungszeitraums abgabenrechtlich nicht möglich ist (vgl. Forgách in Reiss/Kraeusel/Langer, Kommentar zum UStG, § 14 Rz 274 und 286 sowie Schwarz in Praxiskommentar UStG, § 17 Rz 15).
Im Streitfall stand der Umsatzsteuerbescheid 1994 zwar bis zum 17.2.1999 und damit sowohl bei Erlass des Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides September 1996 am 23.7.1997 als auch bei Erlass des Umsatzsteuer-Jahresbescheides am 26.1.1998 noch unter Vorbehalt der Nachprüfung (vgl. Bl. 255 Gerichtsakte), gleichwohl konnte eine den Vorsteuerabzug versagende Änderung in 1994 wegen § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO nicht erfolgen. Danach darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofes des Bundes geändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden ist. Durch das o.g. BFH-Urteil vom 2.4.1998 ist eine Änderung zu Ungunsten der Klägerin eingetreten, weil es bis zu dieser Entscheidung der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprach, dass der Leistungsempfänger auch die für nicht steuerbare Leistungen gesondert in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen konnte (vgl. BFH-Urteil vom 23.01.1992 V R 66/85, HFR 1992, 557; BFHE 167,221). Die fehlende Änderbarkeit des Umsatzsteuerbescheides 1994 führt somit zur Anwendbarkeit der Vorsteuerberichtigung gemäß §§ 14, 17 UStG.
3. Das Schreiben der Firma E (Verkäuferin) an die Klägerin vom 5.9.1996 stellt eine wirksame und damit die Pflicht zur Vorsteuerberichtigung auslösende Berichtigungserklärung dar.
a) Dem steht nach Ansicht des Senates nicht entgegen, dass die Berichtigung lediglich in Schriftform und nicht - wie die Rechnung selbst - in notarieller Form erfolgte. Da das Umsatzsteuergesetz für die Berichtigungserklärung keine besondere Form vorsieht, setzt die Berichtigung nicht voraus, dass die notarielle Originalurkunde entsprechend verändert wird. Vielmehr kann eine neue Rechnung ausgestellt werden, soweit aus dieser ersichtlich wird, dass diese die Ausgangsrechnung berichtigt (vgl. Forgách in Reiss/Kraeusel/Langer, UStG, § 14 Rn 274.1; Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 14 Rz 129ff a.F.). Dies ist vorliegend durch das Schreiben der E vom 5.9.1996 geschehen. In dem Schreiben wird durch den Verweis auf § 2 des Kaufvertrages ausdrücklich auf die Originalurkunde Bezug genommen und der dort bezeichnete Kaufpreis nunmehr ohne Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt.
Ein Formzwang der Berichtigungserklärung ergibt sich auch nicht aus § 313 Satz 1 BGB. Danach bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, zwar der notariellen Beurkundung, wobei sich der Formzwang auf alle Abreden über die Gegenleistung und damit auch auf die besondere Ausweisung der Umsatzsteuer erstreckt (Heinrichs in Palandt, Kommentar zum BGB, § 313 Rn 28). Dies ist aber für die steuerliche Behandlung unerheblich: Der Vertrag enthält sowohl die zivilrechtliche formbedürftige Verpflichtung des Veräußerers, die Umsatzsteuer auszuweisen als auch die nicht formbedürftige Erfüllung dieser Verpflichtung durch den gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer. Die einseitige Erfüllungshandlung des Veräußerers hätte auch in einer getrennten - nicht unbedingt notariellen - Urkunde erfolgen können. Die Berichtigung des Umsatzsteuerausweises als einseitiges Rechtsgeschäft ist ebenfalls nicht der Form des § 313 Satz 1 BGB unterworfen, da sich aus der Vornahme einer Rechnungsstellung in einer strengeren Form als erforderlich kein Formerfordernis für die Änderung derselben ableiten lässt (Urteil des Sächsischen FG vom 13.11.2002 4 K 88/99 JURIS).
b) Entgegen der klägerischen Ansicht folgt ein Formerfordernis auch nicht aus den Bedürfnissen des Geschäftsverkehrs (Rechtssicherheit und Klarheit). Denn diesem Bedürfnis wird durch klare und eindeutige Erklärungen des Berichtigenden entsprochen. Dies ist also eine Frage des Inhalts der jeweiligen Erklärung und damit grundsätzlich unabhängig von der Form, in der sie vorgenommen wird.
c) Der Wirksamkeit der Berichtigungserklärung kann auch nicht entgegengehalten werden, dass das Schreiben vom 5.9.1996 keine - entzifferbare - Unterschrift aufweise und daher die Vertretungsmacht der unterzeichnenden Person fraglich sei.
aa) Abgesehen davon, dass die Lesbarkeit einer Unterschrift keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Berichtigungserklärung darstellt, hat das FA zu Recht darauf hingewiesen, dass die Unterschrift des Ausstellers weder nach dem Umsatzsteuergesetz noch nach Art. 22 Abs. 3 Buchstabe b Unterabsatz 3 der 6. EG-Richtlinie für die Rechnung erforderlich ist (BFH-Urteil vom 13.09.1984,BStBl II 1985, S. 20/21; Birkenfeld, Das große USt-Handbuch § 160 Rz 68; Zeuner in Bunjes/Geist, Kommentar zum UStG, § 14 Rz 14 ). Für eine Rechnungsberichtigung kann nichts anderes gelten, da es sich bei dieser um eine Rechnung ohne Umsatzsteuerausweis und somit um den actus contrarius einer Rechnung mit Umsatzsteuerausweis handelt.
bb) Soweit die Klägerin geltend macht, es sei ungeklärt, ob die das Schreiben unterzeichnende Person mit dem Leistungserbringer identisch sei und Vertretungsmacht gehabt habe, ist zwar zu berücksichtigen, dass die Berichtigung durch den Leistenden erfolgen muss. Aus der Erklärung muss jedoch nur - notfalls durch Auslegung - hervorgehen, dass der leistende Unternehmer über seine Leistung statt mit dem ursprünglich ausgewiesenen Steuerbetrag nunmehr nur noch mit dem berichtigten Steuerausweis abrechnen will. Bei der Auslegung der Berichtigungserklärung des § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG sind die Bedürfnisse des Geschäftsverkehrs zu beachten (BFH-Urteil vom 10.12.1992 V R 73/90, BStBl II 1993,383).
Diesen Anforderungen trägt das Schreiben der E vom 5.9.1996 Rechnung. Aus ihm geht - für die Klägerin erkennbar - hervor, dass die E als Rechtsnachfolgerin der Firma C über den Grundstücksverkauf nur noch ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis abrechnet. Dass die Berichtigungserklärung von der Verkäuferin stammt, ergibt sich auch aus dem weiteren Inhalt des Schreibens: So werden im Betreff des Schreibens die veräußerte Liegenschaft und der Immobilienfonds genau bezeichnet.
Hinzu kommt, dass mit der Bezifferung des Kaufpreises und der Bezugnahme auf § 2 des notariellen Kaufvertrages Details genannt werden, die eine eindeutige Zurechenbarkeit der Berichtigungserklärung zur Verkäuferin nahe legen. Dem steht nicht entgegen, dass sich nach den Ermittlungen der Klägerin beim niederländischen Handelsregister in...der Unterschriftszug weder dem unterschriftsberechtigten Geschäftsführer noch der E1. zuordnen ließ. Denn nach § 14 Abs. 4 UStG kann neben dem Unternehmer auch ein von ihm Beauftragter abrechnen. Die Rechnung ist dem Aussteller zurechenbar, wenn er willentlich abgerechnet hat oder dem Dritten die Befugnis dafür willentlich überlassen hat. Befähigt zur Rechnungsausstellung für den Unternehmer sind daher neben Personen, die zivilrechtlich im Namen des leistenden Unternehmers handeln dürfen (Geschäftsführer, Prokuristen) auch sog. Schreibgehilfen (BFH-Urteil vom 28.4.1983 V R 139/79, BStBl II 1983, 527). Diese für die Ausstellung von Rechnungen geltenden Grundsätze gelten für Berichtigungserklärungen entsprechend, da es sich insoweit um geänderte Rechnungen handelt. Selbst wenn daher - wie die Klägerin behauptet - die Unterschrift von keinem der im Handelsregister eingetragenen vertretungsberechtigten Geschäftsführer stammen sollte, hält es der Senat in Anbetracht der o.g. Umstände für ausgeschlossen, dass ein von der Verkäuferin nicht bevollmächtigter und ihr nicht zurechenbarer Dritter das Berichtigungsschreiben verfasst haben soll. Ein unter dem Briefkopf einer existierenden Firma erstelltes und mit Unterschrift versehenes Schreiben begründet vielmehr den Anschein, dass der Inhalt des Schreibens auch vom Willen eines vertretungsberechtigten Organs der Gesellschaft gedeckt war. Soweit die Klägerin die Vertretungsmacht des Unterzeichners in Zweifel zieht, setzt sie sich im Übrigen mit ihrem eigenen Verhalten in Widerspruch (venire contra factum proprium). Denn in ihren Schriftsätzen an die E vom 14.11.1996 (Bl. 139 ff Gerichtsakte), vom 16.12.1996 (Bl. 142 Gerichtsakte) und vom 24.12.1998 (Bl. 143f Gerichtakte) geht sie selbst davon aus, dass die Berichtigungserklärung von einem vertretungsberechtigten Organ der Verkäuferin stammt. In ihrem Schreiben vom 23.12.1999 an das FA hat sie sogar vorgetragen, dass der ihr gegenüber aufgetretene Vertreter der E erklärt habe, die Rechnungsberichtigung sei nur deshalb erfolgt, weil die E die Umsatzsteuerschuld mangels Liquidität nicht habe erfüllen können (Bl. 67ff, 81 Sonderband).
c) Eine wirksame Berichtigungserklärung setzt nicht voraus, dass der Leistende seine Berichtigungserklärung vollzieht, indem er die dem Leistungsempfänger in Rechnung gestellte Umsatzsteuer an diesen zurückzahlt.
aa) Die Berichtigungserklärung ist eine einseitige Gestaltungserklärung und hängt daher in ihrer Wirksamkeit weder von der Rückzahlung der Umsatzsteuer an den Käufer noch von der Rückzahlung der abgezogenen Vorsteuer an das FA ab. Zweck des § 17 UStG ist es zwar, in allen Fällen der Änderung von Bemessungsgrundlagen eine Anpassung an die zutreffende Bemessungsgrundlage sicherzustellen, sodass der Unternehmer nur die Entgelte versteuern soll, die ihm tatsächlich zugeflossen sind. Im Falle einer Berichtigungserklärung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG kommt es jedoch auf die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 UStG und damit eine tatsächliche Änderung der Bemessungsgrundlage nicht an. Da sich die Voraussetzungen der Rechnungsberichtigung bereits aus § 14 Abs. 2 UStG ergeben und eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht steuerbar ist - eine Bemessungsgrundlage und ihre Änderung also ausscheiden - handelt es sich bei der entsprechenden Anwendung des § 17 UStG lediglich um eine sog. Rechtsfolgenverweisung.
bb) Etwas anderes ergibt sich nach Ansicht des Senates auch nicht aus dem Urteil des Finanzgerichtes Baden-Württemberg vom 30.11.2000 (EFG 2001, 598; ebenso Stadie in Rau/Dürrwächter, § 14 Anm. 86 a.F.). Danach ist der Empfänger einer Rechnungsberichtigung des Ausstellers zwar nur dann verpflichtet ist, die Vorsteuer zu korrigieren, wenn er den Steuerbetrag zurückerhalten hat. Der entschiedene Fall weist jedoch die Besonderheit auf, dass der Aussteller die Rechnung aus nicht ersichtlichen Gründen berichtigte und daher vom Finanzgericht nicht geprüft werden konnte, ob die Rechnungsberichtigung zu Recht erfolgte. In solchen Fällen mag es sachgerecht sein, eine Berichtigungserklärung von dem zusätzlichen Erfordernis der Rückzahlung der empfangenen Umsatzsteuer an den Käufer abhängig zu machen. Steht dagegen fest, dass die Rechnungsberichtigung - wie im Streitfall wegen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen - zu Recht erfolgte, geht selbst das FG Baden-Württemberg in seiner Entscheidung davon aus, dass bereits dadurch die Berichtigungspflicht des Rechnungsempfängers nach § 17 Abs. 1 Satz Nr. 2 UStG ausgelöst wird (ebenso FG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 26.02.1998 2 V 79/97, EFG 1998, 1162). Die Interessen des Leistungsempfängers vor einer willkürlichen und missbräuchlichen Rechnungsberichtigung sind in diesem Falle dadurch hinreichend geschützt, dass die Finanzverwaltung (§ 85 AO) und das Finanzgericht zu prüfen haben, ob die Rechnungsberichtigung zu Recht erfolgte. Im Übrigen sprechen auch prozessökonomische Gründe dagegen, die Rechnungsberichtigung von der Rückzahlung der Umsatzsteuern abhängig zu machen. Andernfalls wären die Finanzgerichte verpflichtet, nicht nur Feststellungen zur Höhe der Kaufpreiszahlung und zur Rückzahlung der Umsatzsteuer zu treffen, sondern im Rahmen der Geltendmachung von Minderungsansprüchen oder der Aufrechnung mit Gegenansprüchen über originär zivilrechtliche Fragen zu entscheiden.
e) Der Vorsteuerberichtigung steht auch nicht entgegen, dass nach neuerer Rechtsprechung eine Steuerberichtigung nur erfolgen kann, wenn der Vorsteuerabzug nicht vorgenommen oder rückabgewickelt worden ist. Der BFH stützt sich hierbei auf die zu Art. 21 Nr. 1 c) der 6. EG-RL ergangen Entscheidung des EuGH (Urteil vom 19.9.2000 Rs C-455/98, UR 2000, 470), wonach die Berichtigung einer zu Unrecht in Rechnung gestellten Steuer grundsätzlich die Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens voraussetze. Diese Rechtsprechung betrifft lediglich das Erlöschen der Steuerschuld des Leistenden (§ 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG), hat aber keine Auswirkung auf die Rückforderung von geltend gemachten Vorsteuern nach § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Das Finanzamt hat dem Klagebegehren zwar mit dem Änderungsbescheid vom 12.12.2001 in Höhe von 2.965,-- DM abgeholfen, im Hinblick auf die begehrte Rückgängigmachung der Vorsteuerberichtigung um weitere 4.836.679,81 DM ist dieses Obsiegen aber geringfügig.
Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache sowie nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts (Formbedürftigkeit einer Berichtigungserklärung und Vollzug der Berichtigungserklärung durch Rückzahlung der erhaltenen Umsatzsteuer) zugelassen.
Ende der Entscheidung
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